
Kälberaufzucht erfolgreich gestalten
Die Kälberaufzucht bildet das Fundament jeder erfolgreichen Rinderhaltung – sei es in der Milchviehwirtschaft, Mast oder Zucht. Vitale Kälber, die gesund ins Leben starten, entwickeln sich mit höherer Wahrscheinlichkeit zu robusten und leistungsfähigen Milchkühen oder Masttieren.
Fehler in den ersten Lebenswochen hingegen sind nur schwer auszugleichen und wirken sich oft nachhaltig negativ auf Tiergesundheit, Leistung und Wirtschaftlichkeit aus. Wir zeigen Ihnen, worauf es bei der Geburtsvorbereitung, der Versorgung des neugeborenen Kalbs und der optimalen Fütterung und Haltung ankommt. Praktische Tipps, bewährte Abläufe und wichtige Hinweise zur Hygiene, Tränkeplanung und Krankheitsprophylaxe unterstützen Sie dabei, die Weichen von Anfang an richtig zu stellen.
BayWa-Services für den Kälberstall
Die ideale Stallgestaltung, eine bedarfsgerechte Fütterung oder umfassende Gesundheitsvorsorge – die BayWa steht Ihnen mit über 100 Jahren Erfahrung in der Landwirtschaft zur Seite. Unsere Expertinnen und Experten beraten Sie individuell zu allen Themen rund um die Kälberhaltung und entwickeln gemeinsam mit Ihnen Lösungen, die genau auf Ihren Betrieb zugeschnitten sind. Profitieren Sie von hochwertigen Produkten, praxisnaher Beratung und modernen Serviceangeboten. Kontaktieren Sie uns bequem per E-Mail, über das Kontaktformular oder persönlich an einem unserer zahlreichen BayWa-Standorte. Wir freuen uns darauf, Sie zu unterstützen!

Die Kalbung – Vorbereitung und Ablauf
Eine gute Vorbereitung, ein reibungsloser Verlauf der Geburt und eine rasche Erstversorgung des neugeborenen Kalbes sind essenziell für einen optimalen Start ins Leben. Fehler oder Versäumnisse in den ersten Stunden können schwerwiegende Folgen für das Kalb und den späteren Erfolg der Aufzucht haben.
Vorbereitung der Abkalbung
Bereits während der Trächtigkeit wird der Grundstein für ein gesundes Kalb gelegt. Besonders im letzten Trächtigkeitsdrittel wächst das Kalb stark – rund 70 Prozent des Geburtsgewichts werden in dieser Phase aufgebaut. Der Nährstoffbedarf der Kuh steigt entsprechend, ebenso die Bedeutung einer gezielten Fütterung, um Geburtskomplikationen, Kälberverluste oder geschwächte Tiere zu vermeiden.
Daher werden in diesen letzten Wochen vor der Geburt verschiedene Maßnahmen bei der trächtigen Kuh getroffen. Da für Erstkalbinnen während und nach dem Abkalben höhere gesundheitliche Risiken bestehen, sollten sie besonders unter Beobachtung gestellt werden.
- Kondition während der Trockenstehzeit: Sowohl eine Verfettung (Body Condition Score BCS <3,75) als auch zu geringe Fettreserven (Body Condition Score BCS >2,5) können sich negativ auswirken und zu Früh- oder Schwergeburten führen.
- Mineralstoffversorgung: Stellen Sie die angepasste Versorgung mit Spurenelementen (zum Beispiel Iod und Selen) und Vitaminen (vor allem A, E und D) insbesondere in den letzten Wochen der Trächtigkeit sicher.
- Milchfieberprophylaxe: Achten Sie auf calciumarme Rationen und das optimale Calcium-Phosphor-Verhältnis (<1,3:1). Auch die Gabe von Magnesium und die Injektion von Vitamin D3 kann der Stoffwechselstörung vorbeugen.
- Abkalbebereich: Eine ruhige, gut vorbereitete Umgebung reduziert Infektionsrisiken und erleichtert den Geburtsverlauf für Kuh und Kalb. Spätestens einen Tag vor dem errechneten Abkalbetermin sollte das Muttertier daher in den Abkalbebereich gebracht werden. Pro 30 Kühen sollte eine Abkalbebox mit einer Fläche von mindestens zwölf Quadratmetern zur Verfügung stehen. Die Box muss trocken und sauber (bestenfalls desinfiziert), gut eingestreut und zugfrei sein. Stellen Sie Hilfsmittel wie Handschuhe, Gleit- und Desinfektionsmittel, Seile oder Ketten bereit. Alle Geburtshilfeutensilien müssen gründlich gereinigt und desinfiziert sein.
Überwachung der Geburt und Geburtshilfe
Bei einer normal verlaufenden Geburt eines Kalbs wird vor allem beobachtet und überwacht: Regelmäßige Stallrundgänge unterstützt durch Videoüberwachung und Geburtssensoren/Kalbungsmelder helfen dabei, den Geburtsverlauf frühzeitig zu erkennen und bei Komplikationen rechtzeitig einschreiten zu können. Wichtig ist es, nicht unnötig, sondern nur bei eindeutigen Problemen (zum Beispiel Geburtsstillstand, Fehlstellung) einzugreifen. Tierärztliche Hilfe sollte frühzeitig gerufen werden, nicht erst bei schweren Komplikationen. Die Kalbung verläuft in fünf Phasen.
1. Vorbereitungsphase (circa zwei bis drei Wochen vor der Geburt)
- das Euter schwillt an, die Vulva vergrößert sich
- die Beckenbänder erschlaffen
- verändertes Verhalten (Unruhe, weniger Futteraufnahme)
2. Öffnungsphase (Dauer: circa sechs bis sechzehn Stunden)
- erste leichte Wehen beginnen
- der Muttermund öffnet sich
- klarer Schleimausfluss, evtl. Fruchtblase sichtbar
3. Aufweitungsphase (Dauer: circa eine bis sechs Stunden vor der Geburt)
- das Kalb rutscht in Geburtsposition
- stärkere Wehen, die Fruchtblase platzt
- Vorderbeine und Kopf des Kalbes treten meist zuerst hervor
4. Austreibungsphase (Dauer: circa fünf bis 15 Minuten)
- Kalb wird geboren – normalerweise mit dem Kopf zuerst
- zügiger Ablauf wichtig für Kalbsvitalität
- eventuell vorsichtige Geburtshilfe nötig
5. Nachgeburtsphase (Dauer: circa sechs bis zwölf Stunden)
- restliches Fruchtwasser und die Plazenta werden ausgestoßen
- Kontrolle nötig, wenn Nachgeburt nicht abgeht
- Hygiene beachten zur Infektionsvermeidung

Erstversorgung in der Kälberaufzucht
Nach der Geburt wird das Kalb auf Verletzungen kontrolliert und sichergestellt, dass nicht noch ein weiteres Kalb folgt.
- Prüfen Sie, ob das Kalb selbstständig atmet.
- Bei schlechter Atmung oder Atemstillstand: Machen Sie die Nasenlöcher frei, entfernen Sie Schleim und regen Sie die Atmung gegebenenfalls an, indem sie kaltes Wasser über den Nacken des Kalbes gießen. Falls nötig, Atemhilfe durch Herzmassage oder vorsichtige Beatmung leisten.
- Lassen Sie die Kuh das Kalb ablecken oder trocknen Sie selbst das Kalb gründlich ab.
- Kontrollieren Sie den Nabel und desinfizieren Sie ihn mit einem jodhaltigen Mittel, um das Eindringen von Keimen und damit eine Nabelentzündung zu verhindern. Führen Sie auch an den Folgetagen eine Sichtkontrolle durch.
- Bei neugeborenen Kälbern ist die Thermoregulation noch eingeschränkt, der Energiestoffwechsel muss sich erst stabilisieren. Das kann zu Unterkühlung, Hypoglykämie und geschwächter Abwehrlage führen. Bringen Sie das Kalb daher je nach Haltungsform zügig in ein sauberes Kälberiglu oder in eine Kälberhütte ohne Zugluft und versorgen Sie es bei kalter Witterung mit einer Kälberdecke oder einer Wärmelampe. Vor allem bei Frühgeburten und in kalten Ställen besteht die Gefahr von Unterkühlung.
Kolostrum-Versorgung
Kälber werden ohne funktionierenden Immunschutz geboren, da Immunglobuline (Antikörper) die Plazentaschranke nicht passieren können. Deshalb ist die Kolostrumversorgung in den ersten Lebensstunden entscheidend. Kolostrum, auch Biestmilch genannt, ist die Milch, die eine Kuh in den ersten Stunden bis zu etwa drei Tagen nach der Kalbung produziert. Es fungiert quasi als Immunbooster und enthält unter anderem Vitamine, Enzyme und vor allem Antikörper, die das Kalb für den Aufbau seines Immunsystems dringend benötigt.
- Die Versorgung mit Kolostrum muss innerhalb der ersten ein bis drei Lebensstunden des Kalbs erfolgen, da die Fähigkeit zur Antikörperaufnahme rasch abnimmt.
- Dabei sollte das Kalb in der ersten Tränke mindestens drei bis vier Liter aufnehmen (entspricht etwa acht bis zehn Prozent des Körpergewichts).
- Mithilfe von Messgeräten kann sichergestellt werden, dass das Kolostrum eine ausreichend hohe Qualität aufweist (≥ 22 % Brix bzw. ≥ 50 mg/ml IgG).
Produziert das Muttertier kein Kolostrum oder nicht in der benötigten Qualität, kann gefrorenes Kolostrum anderer Kühe oder ein Kolostrum-Ersatzprodukt eingesetzt werden. Achten Sie bei der Versorgung darauf, dass Tränkegefäße und Kolostrum hygienisch einwandfrei sind.

Die Tränke-Phase in der Aufzucht von Kälbern
In den ersten acht bis zwölf Lebenswochen wird das Kalb hauptsächlich getränkt – mit Milch oder aber mit Milchaustauscher (MAT). Erst mit der Zeit lernt das Kalb, feste Nahrung zu verdauen, und entwickelt seine Vormägen. Besonders der Pansen, der bei der Geburt noch kaum aktiv ist, durchläuft eine intensive Umstellung. Die Qualität der Tränke, das Fütterungsmanagement und die Hygiene in dieser Phase beeinflussen direkt die Pansenentwicklung, die Futteraufnahme und das Immunsystem. Generell gilt: Ein guter Start ist schwer aufzuholen – daher sind hohe tägliche Zunahmen ab der Tränkephase anzustreben und zu halten.
- Sowohl bei der Milchtränke als auch bei der Tränke mit Milchaustauschern (MAT) liegt die durchschnittlich empfohlene Menge bei sechs bis zwölf Litern pro Tag. Sie wird auf zwei bis drei Mahlzeiten verteilt, bei ad libitum-Phasen auch mehr. Die Temperatur der Milch beziehungsweise des Milchaustauschers sollte konstant bei 38 bis 40 Grad Celsius liegen, um Verdauungsstörungen zu vermeiden. Bei Milchaustauschern ist darauf zu achten, dass sie mindestens 30 Prozent Milchpulver beinhalten.
- Das Tränken kann mit offenen Eimern, Nuckeleimern oder aber auch mit Tränkeautomaten durchgeführt werden. Vergessen Sie nicht, diese regelmäßig zu reinigen und zu desinfizieren.
- Das Ansäuern von Milch senkt den pH-Wert und verlängert die Haltbarkeit. Darüber hinaus kann die Sauertränke die Verdauung verbessern und damit ein gleichmäßiges Wachstum ab dem zweiten Lebenstag unterstützen. Verwendet werden organische Säuren (zum Beispiel Ameisensäure oder Essigsäure) oder fertige Säuremischungen, idealerweise mit einem Ziel-pH-Wert von 4,0–5,0. Angesäuert wird vor allem Roh- und Vollmilch – Milchaustauscher nur, wenn ausdrücklich dafür vorgesehen.
- Sauberes, frei zugängliches Trinkwasser sollte bereits ab dem ersten Lebenstag angeboten werden.
- Futterumstellungen sollten langsam und kontrolliert vorgenommen werden. Ziel ist ein früher Festfutterverzehr, der die Pansenentwicklung aktiviert, sowie eine hohe Futteraufnahme, die sich positiv auf die spätere Konstitution und die Milch- beziehungsweise Fleischleistung des Tiers auswirken kann.
- Ab der ersten Lebenswoche sollte bereits struktur- und rohfaserreiches Futter (zum Beispiel Heu) vorgelegt werden. Abhängig vom Produkt kann zusätzlich ab der zweiten Woche hochverdauliches, schmackhaftes Kraftfutter – zum Beispiel Kälberstarter – gefüttert werden.
Tränkeplan für Kälber
Der Tränkeplan stellt sicher, dass jedes Kalb in den ersten Lebenswochen bedarfsgerecht mit Flüssigkeit, Energie und Nährstoffen versorgt wird – abgestimmt auf sein Alter und seine Entwicklung. Ein gut geplanter Ablauf beugt Verdauungsproblemen und Erkrankungen vor und verbessert das Wachstum und die spätere Leistung im Stall.
Der Tränkeplan regelt unter anderem:
- Menge und Art der Tränke: zum Beispiel Kolostrum, Vollmilch, angesäuerte Milch oder Milchaustauscher
- Tränkehäufigkeit: Anzahl der Mahlzeiten pro Tag
- Trinktemperatur: meist 38–40 °C, bei Kalttränke entsprechend weniger
- Dauer der Tränkephase: typischerweise acht bis zwölf Wochen
Beispiel Tränkeplan für Kälber (Kurzfassung)
Alter | Tränkeart | Menge/Tag | Mahlzeiten/Tag | Bemerkung |
---|---|---|---|---|
0–2 Tage | Kolostrum (Biestmilch) | mind. 4 l/Tag | 2–3× | innerhalb der ersten 2 Stunden nach Geburt! Wasser anbieten |
3–7 Tage | Milch / MAT | 6–8 l/Tag | 2× | optional angesäuert; Wasser, gegen Ende Raufutter anbieten |
2.–3. Woche | Milch / MAT | 8–10 l/Tag | 2× | Raufutter, Starterfutter & Wasser anbieten |
4.–6. Woche | Milch / MAT | 8–10 l/Tag | 2× | langsam Tränkemenge reduzieren; Raufutter, Starterfutter & Wasser anbieten |
7.–8. Woche | Milch / MAT | 4–6 l/Tag | 1–2× | Raufutter, Wasser anbieten; Kraftfutteraufnahme steigern |
ab 9. Woche | Absetzen | — | — | nur noch Wasser & Festfutter; nur absetzen, wenn Futteraufnahme >1,5 kg/Tag |

Fütterungsphase mit Festfutter
Nach dem Absetzen von der Milch muss sich die Verdauung des Kalbs vollständig auf Festfutter umstellen. Eine ausgewogene, altersgerechte Fütterung ist dabei ebenso wichtig wie eine kontinuierliche Kontrolle von Futteraufnahme, Körperentwicklung und Gesundheit. Die Futterumstellung sollte gleitend erfolgen. In der ersten Zeit nach dem Absetzen kann die gewohnte Kälberstarterration beibehalten und schrittweise mit Jungrinderfutter, Kälbermüsli, Silage oder TMR (Totale Mischration) ergänzt werden. Dabei benötigen die Tiere weiterhin je nach Alter und Umgebung etwa fünf bis 15 Liter frisches, sauberes Wasser pro Tag.
Die Ration muss so gestaltet werden, dass sie sowohl den Energie- als auch den Strukturbedarf in dieser sensiblen Wachstumsphase deckt. Ziele sind unter anderem …
- Förderung der Pansenentwicklung durch Struktur- und Rohfaseranteile
- Sicherstellung des Protein- und Energiebedarfs für tägliche Zunahmen von bis zu 750–900 Gramm (bis zum achten Lebensmonat, danach 750 g nicht überschreiten, um Verfettung zu vermeiden)
- Schmackhaftigkeit, um eine hohe Futteraufnahme zu sichern.
Je nach Nutzungsrichtung (Milchvieh, Zucht, Mast) unterscheiden sich die Zielwerte für Wachstum und Gewicht in den ersten Lebensmonaten. Für Mastkälber liegt der Fokus stärker auf Energieversorgung und Zunahmen; für künftige Milchkühe ist eine ausgewogene Entwicklung entscheidend, um später keine Probleme im Euter- und Knochenwachstum zu riskieren.
Wichtig:
- Wachstum regelmäßig wiegen oder messen (z. B. mit Maßband oder Waage)
- Tiergesundheit und Futteraufnahme eng kontrollieren
- Fütterung rechtzeitig an den steigenden Bedarf anpassen

Haltungssysteme in der Kälberaufzucht
In der konventionellen Kälberaufzucht werden die Kälber innerhalb der ersten Stunden oder Tage nach der Geburt von der Mutter getrennt. Im Anschluss werden die Kälber längstens bis zur achten Lebenswoche einzeln gehalten. Dies ermöglicht eine gute Gesundheitskontrolle und reduziert die Übertragung von Krankheiten. Einzelhaltung ist unter anderem mithilfe von Kälberboxen, Einzelbuchten, Kälberiglus oder Kälberhütten möglich. Dabei gilt es Vorgaben bezüglich der Mindestgröße der Boxen, Sicht- und Berührungskontakt, Hygiene sowie der Licht- und Luftversorgung zu berücksichtigen.
Spätestens ab der achten Lebenswoche ist die Gruppenhaltung vorgeschrieben, – auch um das natürliches Sozialverhalten und den Spiel- und Bewegungstrieb zu fördern. Auch hier stehen verschiedene Stallsysteme zur Verfügung: zum Beispiel Einflächenbuchten, Zweiflächenbuchten, Großraum-Iglustall oder Gruppeniglu, Riswicker Kälberstall oder Holsteiner Kälberstall. Auch hier gibt es Vorgaben und Empfehlungen für Gruppengrößen, Platzbedarf, Licht, Belüftung und Co.
Wenn Sie mehr über die Planung und Einrichtung des perfekten Kälberstalls erfahren möchten, lesen Sie gern in unserem Ratgeber zum Thema Kälberstall weiter.
Muttergebundene Kälberaufzucht
Bei der muttergebundenen oder kuhgebundenen Aufzucht verbleibt das Kalb – im Gegensatz zur konventionellen Haltung – für meist acht bis zwölf Wochen bei der Mutterkuh oder einer Ammenkuh. Zu den Vorteilen der muttergebundenen Kälberaufzucht zählen unter anderem die Förderung des natürlichen Saug- und Sozialverhaltens, eine robustere Gesundheit sowie höhere Gewichtszunahmen durch die ad libitum-Tränke. Das Kalb hat täglich Kontakt zur Kuh, kann mehrmals am Tag saugen und wird gleichzeitig an andere Futterarten herangeführt. Die Kuh wird währenddessen weiterhin gemolken. Da jedoch ein Teil an das Kalb geht, steht nicht ihre komplette Milch für die Vermarktung zur Verfügung.
Die Trennung von Kalb und Kuh erfolgt sanft, zum Beispiel durch schrittweises Reduzieren des Kontakts, räumliche Trennung bei Sichtkontakt oder Wechsel zur Amme (wenn die Mutter erneut trächtig ist). Während weibliche Kälber für die Nachzucht vorgesehen sind und im Milchviehbetrieb verbleiben, werden männliche Kälber nach der Trennung von der Mutter meist als Masttiere (Fresser) an Aufzucht- und Mastbetriebe verkauft.
Das Haltungssystem der muttergebundenen oder kuhgebundenen Kälberaufzucht findet vorwiegend in der Milchproduktion statt und dort vor allem in Bio-Betrieben oder in tierwohl-orientierten Familienbetrieben. Bei Umstellung auf das Haltungssystem müssen jedoch geeignete Stallbereiche mit Mutter-Kalb-Buchten oder Ammenkuhgruppen geschaffen werden.

Kälberkrankheiten vermeiden*
Nur gesunde Kälber entwickeln sich zu leistungsfähigen Milch- oder Masttieren. Ihre Gesundheit hängt maßgeblich von einem durchdachten Management, hohen Hygienestandards, artgerechter Haltung und einer bedarfsgerechten Fütterung ab. Um Kälberkrankheiten vorzubeugen und das Leistungsvermögen der Tiere langfristig zu sichern, sind eine frühzeitige Erkennung von Problemen und Krankheits-Symptomen sowie eine konsequente Prävention entscheidend. Wer in Kälbergesundheit investiert, investiert in die Zukunft seines Betriebes.
Früherkennung von Krankheiten
Je früher Kälberkrankheiten erkannt und behandelt werden, desto besser sind die Heilungschancen und desto geringer fallen die wirtschaftlichen Verluste aus. Eine regelmäßige, strukturierte Tierbeobachtung durch den Landwirt oder geschultes Personal ist daher unverzichtbar.
Zu den frühen Warnzeichen zählen:
- Rückgang der Tränke- oder Futteraufnahme
- Apathie, struppiges Fell
- ein eingezogener oder aber auch ein zu praller Bauch
- Husten, Nasen- und Augenausfluss, erhöhte Atemfrequenz
- Durchfall oder veränderter Kot
- Lahmheit
- ein geschwollener, eitriger Nabel
Kontrollinstrumente sind unter anderem:
- tägliche Sichtkontrolle
- Messung der Körpertemperatur (normal: 38,5–39,5 Grad Celsius)
- Beobachtung und Beurteilung von Kot und Harn
- Überprüfung der Atemfrequenz (normal: circa 20 bis 40 Atemzüge pro Minute)
Kranke Kälber benötigen besondere Aufmerksamkeit, Ruhe und eine gezielte Behandlung. Eine stressfreie Betreuung ist ebenso wichtig wie die konsequente Umsetzung therapeutischer Maßnahmen.
Zeigt ein Tier Krankheitssymptome, sollte es umgehend isoliert werden, um eine Ansteckung anderer Kälber zu verhindern. In schwerwiegenden oder unklaren Fällen ist die tierärztliche Begleitung unerlässlich. Eine lückenlose Dokumentation von Symptomen, Behandlungsmaßnahmen und verabreichten Medikamenten hilft dabei, den Krankheitsverlauf nachzuvollziehen und die Therapie gezielt anzupassen.
Die häufigsten Kälberkrankheiten im Überblick*
Kälberdurchfall (Kälberdiarrhoe) |
✔ Häufigkeit: sehr häufig in den ersten Lebenswochen
✔ Symptome: wässriger oder breiiger Kot, Dehydrierung, Schwäche, evtl. Fieber
✔ Vorbeugung: saubere Geburt, frühzeitige und ausreichende Kolostrum-Versorgung, Hygiene bei Tränke und Umgebung ✔ Behandlung: Flüssigkeits- und Elektrolyt-Ausgleich, ggf. Antibiotika, Ursache abklären |
Kälbergrippe |
✔ Häufigkeit: häufig, besonders bei Umstallung oder Stress
✔ Symptome: Husten, Nasenausfluss, Fieber, schnelle Atmung, Appetitverlust
✔ Vorbeugung: Zugluft vermeiden, gute Stallluft, Stressreduktion, Impfung möglich ✔ Behandlung: Entzündungshemmer, Antibiotika bei bakterieller Beteiligung, ggf. Inhalation |
Lungenentzündung |
✔ Häufigkeit: häufige Folge unbehandelter Kälbergrippe
✔ Symptome: hohes Fieber, Atemnot, Nasen- und Augenausfluss, Röcheln, Teilnahmslosigkeit
✔ Vorbeugung: optimales Stallklima, Impfungen, gutes Kolostrum-Management ✔ Behandlung: schnelle tierärztliche Behandlung mit Antibiotika, ggf. Schmerzmittel |
Nabelinfektionen (Omphalitis) |
✔ Häufigkeit: relativ häufig bei schlechter Hygiene
✔ Symptome: Schwellung, Schmerz, Eiter am Nabel, evtl. Fieber, Lahmheit
✔ Vorbeugung: Desinfektion des Nabels direkt nach der Geburt, saubere Abkalbebuchten ✔ Behandlung: lokale oder systemische Antibiotika, ggf. chirurgische Versorgung |
Ohrenentzündungen |
✔ Häufigkeit: gelegentlich, meist im Zusammenhang mit Atemwegsinfekten
✔ Symptome: Schiefhalten des Kopfes, Kratzen, Gleichgewichtsstörungen, Sekret aus Ohr
✔ Vorbeugung: Stallklima optimieren, Atemwegserkrankungen früh behandeln ✔ Behandlung: Antibiotika, Schmerzmittel, evtl. Reinigung des Ohrs |
Kälberflechte |
✔ Häufigkeit: häufig, v. a. bei Jungtieren in Gruppenhaltung
✔ Symptome: kreisrunde, haarlose, schuppige Hautstellen, meist am Kopf oder Hals
✔ Vorbeugung: Stallhygiene, trockene Umgebung, Impfung möglich ✔ Behandlung: antimykotische Salben oder Waschungen, evtl. Impfung im Bestand |
Blauzungenkrankheit |
✔ Häufigkeit: selten in Deutschland, aber meldepflichtig
✔ Symptome: Fieber, geschwollene Zunge, Speicheln, Lahmheit, schlechte Futteraufnahme
✔ Vorbeugung: Impfung (regional empfohlen), Mückenschutz ✔ Behandlung: keine spezifische Therapie; symptomatisch; tierarztpflichtig |
* Haftungsausschluss: Diese Informationen stellen keine medizinischen Ratschläge dar und ersetzen keine medizinische Diagnose, Beratung und Behandlung diesbezüglich durch einen Tierarzt. Trotz größter Sorgfalt bei deren Erstellung kann keine Gewähr und keine Haftung für Richtigkeit und Vollständigkeit übernommen werden.
Kälber enthornen – das ist zu beachten
Die Enthornung von Kälbern ist ein üblicher Eingriff in der Rinderhaltung. Durchgeführt wird sie, um durch Hörner verursachte Verletzungen bei Menschen und Tieren und damit Tierverluste und höhere Tierarztkosten zu vermeiden, aber auch um Platz im Stall zu sparen: Behornte Rinder benötigen mehr Raum. Da das Enthornen jedoch schmerzhaft für die Kälber ist, gilt es sowohl tierschutzrechtliche als auch praktische Aspekte zu berücksichtigen.
Kälber dürfen in Deutschland und Österreich nur in den ersten sechs Lebenswochen und mit wirksamer Schmerzausschaltung ohne den Tierarzt enthornt werden, optimalerweise im Alter von ein bis zwei Wochen. In diesem Zeitraum sind die Hornanlagen noch nicht mit dem Schädelknochen verwachsen, was den Eingriff weniger traumatisch macht.
Für die Behandlung wird das Kalb fixiert. Die Haare rund um die Hornknospe werden entfernt. Nach einer lokalen Betäubung sowie gegebenenfalls der Gabe von Schmerzmitteln vorab, wird der Brennstab oder Gasenthorner auf circa 600 Grad Celsius erhitzt und für zehn bis 15 Sekunden auf die Hornknospe aufgesetzt. Mit ein bis zwei Drehbewegungen wird das Hornbildungsgewebe ringförmig zerstört.
Nach dem Eingriff wird die betroffene Stelle mit einem Wundspray versorgt und das Kalb zur Erholung in einen ruhigen, sauberen Bereich verbracht. Der Landwirt oder der Tierarzt dokumentiert den Eingriff und kontrolliert in den darauffolgenden Tagen die Wundheilung.
Übrigens: Ab der sechsten Lebenswoche ist die Enthornung nur noch in Ausnahmen und durch einen Tierarzt unter Vollnarkose erlaubt.
Kontakt BayWa Landwirtschaftliches Bauen
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